Anker in der Zeit

Fotos, Miniaturen

Dinge, die sich nicht ändern, sind wie Anker in der Zeit. Wie die Tauben auf dem Dachfirst des Waldhofes, die seit Jahr und Tag Morgensonne auf dem Gefieder haben. Wie der Waldhof selbst, wo der Großvater die Kühe zur Weide trieb, dann der Vater und nun der Sohn. Wie der Eichenhain, unweit meines Hauses, in dem ich früher schaukelnd und mit zerkratzten Wangen in den Ästen hing. Über viele Jahre versperrten weidende Hochlandrinder den Weg zu den Bäumen. Nun ist das Wäldchen wieder zugänglich. Wie einst stehen die alten Bäume unbeeindruckt im Fluss der Zeit. Nicht unverändert: dreißig Jahre sind selbst für Bäume eine kleine Ewigkeit und zwischen den mächtigen Stämmen recken nun auch die Toten ihre letzten Äste wie silberne Arme in den Himmel … Zwischen den Wurzeln schlummert immer noch Unrat, vor Jahrzehnten hingeworfen und nun halb versunken, halb verschlungen vom Grün. Was haben wir als Kinder da alles gefunden: Bunte Scherben, alte Flaschen, Töpfe und Pfannen. Nichts davon heil und doch alles gut genug noch für unser Spiel. Gegenüber die Löwenzahnwiese und der kleine Bach, aus dem wir Wasser zum Kochen in löchrige Töpfe schöpften. Alles noch da.
Dinge, die geblieben sind, haben etwas Beruhigendes, sind Heimat und Anker zugleich.

 

 

 

3 Gedanken zu “Anker in der Zeit

    1. Danke Dir lieber Guido! Ich hatte beim Fotografieren dieses Mal aber auch tatsächlich Stille und Zeit. Meine Tochter hing in einem der Bäume und war fast eine Stunde, glücklich dass sie klettern durfte, verschwunden. Wir hatte das Abendbrot im Rucksack dabei und so drängte nichts. Allerdings hält der Bauer, auf dessen Wiesen die Eichen stehen, mich nun für vollkommen übergeschnappt. Anna hatte mir eine große Feder ins Haar gesteckt und ich hatte sie dort vergessen. Da saß ich nun, in die Brennesseln gekauert, im Hang, um so ein WurzelüberwuchertUnrat-Bild zu machen, da blickte der Nachbar völlig entgeistert von oben über die Böschung. Das Bild der respektablen Pressesprecherin, das er vorher von mir hatte, ist nun auf immer dahin ;-))

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  1. Ich kann mir die Szene so gut vorstellen – und muss grinsen, wenn ich etliche vergleichbare Situationen aus meiner eigenen Vergangenheit denke: Der während das Fahrradfahrens leicht entrückte Guido, der im Zuge seiner Ausführungen unmerklich in den Acker am Wegrand gerät mit der Folge eines rapiden Stilwechsel in der Fahrweise…meine Mitradlerin fähre vor Lachen fast vom Rad gefallen – und ich hatte indes völlig vergessen, was ich eigentlich sagen wollte 😉

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