Zeitzeichen

Gedichte

Schwan

Wie Worte schreibt die Zeit dir erste Zeichen ins Gesicht.
Noch schimmert deine Haut wie Seide.
Noch legen anerkennende Blicke
wie wärmendes Tuch auf deinen Nacken sich.

Doch jeden Morgen stehst du etwas langsamer auf.
Du tanzt und feierst nicht mehr ungestraft, bis alle Vögel singen.
Stattdessen stellst du fest, dass manche Träume
auf immer Träume bleiben müssen – du wirst kein Eislauf-Star.

Ein paar wesentliche Dinge hast du inzwischen verstanden:
du lebst im Jetzt und weißt, wie man das Leben wirklich spürt.
Genießt die Kostbarkeit der Augenblicke und dir ist klar,
dass eine zärtliche Geste mehr zählt, als alles,
was mit Geld sich kaufen lässt.

Und du hast begriffen, dass nicht das Gehen,
sondern Bleiben eine Kunst ist.
Man nähme doch sein Päckchen immer mit, denkst du,
und legst stattdessen ein paar neue Kissen auf die Couch.

Daran, wie dein Kind wächst, siehst fliehend du die Zeit vergehn.
Früher konntest du leichter lieben,
jetzt liebst du tiefer und suchst länger oder gar nicht mehr.

Das ist, wie eine Schwelle überschreiten
und nun, alle Mädchenallüren hinter sich lassend,
Frau zu sein.

©Poeta 2016